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Aus dem Wien-Disaster hatte ich gelernt und stand dieses Mal ausgeruht am Start, als sich am Samstag 25 Personen aufmachten, dieses Monster zu bezwingen. Ich glaube, Björn's Routenplaner ist kaputt, denn auf den meisten seiner Brevets sind immer die maximal möglichen Höhenmeter eingebaut. Dieses Mal standen über 10.000hm und 600km auf dem Programm. Das Zeitlimit dafür betrug 40 Stunden.
Ich hatte mir einen Schlachtplan zurechtgelegt und wollte mit kurzen Pausen versuchen, so lange wie möglich einen 20er Schnitt zu fahren. Klingt eigentlich gar nicht so schwer. Auch ein Hotel hatte ich bei km330 schon gebucht, denn ein 600er klingt gar nicht mehr so schlimm, wenn man einfach zweimal 300 fährt.
Die Wettervorhersage sah gut aus, nur ein paar Stunden sollte es ein bisschen tröpfeln. Am ersten Checkpunkt nach 28km an der tschechischen Grenze ging es aber schon los und ich musste die steile Abfahrt nach Decin im Schleichmodus hinter mich bringen. Ich hatte schon mehrfach erwähnt, dass ich ein beschissener Abfahrer bin. 
Bei solch einem Wetter ist eine Arschrakete Gold wert. Ich hatte natürlich aus Gewichtsgründen diesmal keine dabei. Schutzbleche wären noch besser, auch die hatte ich nicht am Rad. Unten angekommen war ich einmal komplett nass und die anderen hatten 10min Vorsprung. Hilft nix, erstmal weiter kurbeln und der Regen hörte auch bald wieder auf, die Hose trocknete, jedenfalls vorn… Später nieselte es wieder und die nasse Hose trocknete wieder, nieselte und trocknete… Im Gegensatz zu schwarzen Hosen sieht man bei dem Modell welches ich anhatte sofort Flecken, wenn sie nass wird und ich konnte den Nass/Trockenzustand somit immer gut beurteilen.
Zu CP2 mussten 110km überwunden werden. In der Zeit sah ich nur einmal kurz Björn an einem Kiosk stehen. Ich hatte noch genug dabei und fuhr weiter. Wirkliche Berge gab es noch nicht so viel zu überwinden, aber flach ist Tschechien nun wahrlich nicht. Ein 20min Anstieg folgte dem nächsten. Meist war die Straße nass, manchmal sehr holprig, für meine negativen Abfahrtskünste genau das Richtige. Fast wäre ich an CP2 vorbei gefahren. Im letzten Moment sehe ich in einem Anstieg im Hintergrund noch das Viadukt. Foto, Position bestätigen und weiter. Nach 150km der erste Stopp an einem Potraviny. Auffüllen und weiter. Eigentlich war ich gut in der Zeit, aber ich merkte auch, dass ich über meine Verhältnisse fuhr. Lange würde das nicht gut gehen, zum sich-mal-hinsetzen war es jedoch zu kühl.
Gekonnt (mit Glück) umkurven wir Gewitterzellen. Aber hin und wieder hatten wir dann doch nasse Straßen. Die Schuhe waren seit Stunde zwei nass. Die weißen Socken mittlerweile schwarz vom aufgespritzten Wasser der Straße.
Bis jetzt waren wir im Isergebirge bzw. zwischen Isergebirge und Riesengebirge unterwegs. Das Riesengebirge empfing uns gleich mit einem richtigen Brocken. Zur Prazska Bouda ging es einen sacksteilen Wirtschaftsweg hoch. Meine 34-30 waren dafür zu wenig. Bei bis zu 20% schob ich das Rad und hatte da eigentlich schon mit dem kompletten Brevet abgeschlossen. Die letzte Schleife wollte ich nicht mehr fahren, sondern einfach ein paar Stunden länger im Hotel bleiben und dann den Rest der Runde zurück. Auch der zweite Tag war so schon anspruchsvoll mit zwar nur noch 270km, aber auch nochmal über  
Ich checkte ein, wusch meine Sachen, hängte sie zum Trocknen auf und zog mein bisher nicht genutztes Regenzeug für das Restaurant an. Die anderen Gäste guckten nicht schlecht, als ich mit Gore Shakedry, kurzer Regenhose und wasserdichten Socken den Gastraum betrat. Auch der Kellner war überrascht und fragte viermal nach, ob ich wirklich zwei Essen bestellen wollte. Heimlich grinste er dann, als ich die letzten Pommes vom zweiten Teller nicht ganz schaffte. Ich schlief danach schnell ein, wurde aber nach einer Stunde jäh durch einen ganz fiesen Krampf im hinteren Oberschenkel geweckt. Mein Bett war in einer Nische und ich konnte nur am Fußende raus. Mit krampfendem Bein aber nicht ganz leicht. Als ich endlich stand und versuchte, den Schmerz auszudehnen, verkrampfte auch noch das andere Bein. Eine Nahtoderfahrung. Als es endlich nachließ, war ich vollkommen nassgeschwitzt. Der kleine Gedanke, doch nur kurz zu schlafen und die Runde komplett zu fahren, war in diesen Minuten aus meinem Gehirn verschwunden.
Früh um fünf zog ich die noch nassen Sachen wieder an und schwang mich aufs Bike. Erstmal los und sehen, was der Tag bringt. Leider ging es gleich berghoch, kurz noch fahrbar, aber der Weg zur Lesni Bouda war wieder so ein megasteiles Ding. Keinen Gedanken habe ich im Vorfeld an eine andere Kassette verschwendet. Es wäre aber so sinnvoll gewesen! Nachdem ich wieder einen Kilometer geschoben hatte und oben schon wieder komplett verschwitzt ankam, machte ich zwar noch das Foto für die digitale Brevetkarte, ich lud es allerdings gar nicht mehr hoch. Die direkte Route zurück nach Dresden kam dann wie von selbst auf meinen Garmin. 208km und nur 1.200hm klangen so schmackhaft. Ich hatte kein Bock mehr auf kaltes Gebirge, sacksteile Anstiege und fiese Abfahrten. Auf teilweise schon bekannten Straßen fuhr ich über Vchlabi, Cheska Lipa nach Decin. Von dort hatte ich freundlicherweise sogar bis Dresden Rückenwind und ich kam kurz nach dem ersten Finisher an der Radrennbahn an. Wenn man die Nacht durchfährt, bestes Material hat und zudem am Berg noch voll in seinem Element ist, dann kann man dieses Monster auch in unter 30 Stunden bezwingen. Respekt!
Um wenigstens 500km auf dem Tacho zu haben, musste ich aber noch mit dem Rad nach Hause fahren, sodass ich das Angebot vom Frank Schorisch ablehnte, mit dem Auto mit zurück zu fahren. Jetzt war auch endlich die Zeit gekommen, bei Sonne nur im Trikot zu fahren. Von den 24h Fahrzeit waren das insgesamt nur vier!


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